Donnerstag, 03.07.2025

Brückenbauer zwischen Nachbarn: Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Mainz-Wiesbaden engagiert sich für Verständigung und Kultur

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Internationale Verständigung gewinnt zunehmend an Bedeutung und mit ihr Organisationen und Gesellschaften die jene Verständigung fördern. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Mainz-Wiesbaden nimmt dabei eine besondere Rolle ein. Seit über drei Jahrzehnten engagiert sich dieser Verein leidenschaftlich für den kulturellen und gesellschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Polen – auf ganz persönliche, lebendige und oft überraschend kreative Weise.

Gegründet Anfang der 1990er-Jahre, versteht sich die Gesellschaft als zivilgesellschaftliche Plattform für Dialog, Begegnung und Bildung. Ihr Ziel: den Blick für das Nachbarland im Osten zu schärfen und damit nicht nur historische, sondern auch aktuelle Perspektiven ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Dabei ist der Verein nicht nur lokal verankert, sondern auch Teil eines bundesweiten Netzwerks von Deutsch-Polnischen Gesellschaften.

Ein Kaleidoskop der Kultur

Die Aktivitäten der Gesellschaft lesen sich wie ein abwechslungsreicher Kulturkalender: Literaturabende, Konzertveranstaltungen, Vorträge, Filmvorführungen, Diskussionsrunden – die Formate sind vielfältig und offen für neue Impulse. Wer glaubt, die Veranstaltungen seien vor allem akademisch geprägt, wird schnell eines Besseren belehrt. Hier trifft die Lyrik von Wisława Szymborska auf den politischen Diskurs über aktuelle Entwicklungen in Warschau, und ein Filmabend über das Werk von Krzysztof Kieślowski kann in ein lebendiges Gespräch über heutige europäische Identität münden.

Besonders hervorzuheben ist das Engagement im Bereich der Literatur. Der Verein organisiert nicht nur Lesungen mit renommierten polnischen Autorinnen und Autoren, sondern widmet sich auch der Übersetzungsarbeit. So entstehen zweisprachige Anthologien, die literarische Stimmen beider Länder zueinander in Beziehung setzen – ein stiller, aber wirksamer Beitrag zur kulturellen Verständigung.

Geschichte begreifen – Gegenwart gestalten

Ein zentrales Anliegen der Gesellschaft ist die Auseinandersetzung mit der gemeinsamen, oft schmerzhaften Geschichte von Deutschen und Polen. Statt jedoch nur rückblickend zu analysieren, geht es in den Veranstaltungen oft um den Versuch, aus der Geschichte ein besseres gegenseitiges Verständnis für die Gegenwart zu entwickeln. Das Spektrum reicht dabei von Themen wie Vertreibung und Versöhnung bis hin zu regionalgeschichtlichen Vorträgen über Schlesien, Ermland und Masuren.

Die politische Bildung kommt ebenfalls nicht zu kurz. Durch Vorträge und Gesprächsformate über europäische Integration, bilaterale Beziehungen oder aktuelle innenpolitische Entwicklungen in Polen leistet der Verein wichtige Aufklärungsarbeit – frei von parteipolitischen Interessen, aber stets mit einem klaren Fokus auf Demokratie, Offenheit und Respekt.

Der Film als Fenster nach Osten

Ein besonders beliebtes Format sind die Filmabende, bei denen Werke polnischer Regisseurinnen und Regisseure gezeigt werden – mal Klassiker, mal moderne Produktionen. Begleitet werden diese oft durch Expertengespräche oder Einführungen, die dem Publikum einen tieferen Zugang ermöglichen. Film wird hier als Vermittler zwischen Kulturen verstanden, als Fenster in eine andere Lebensrealität – und als Anlass für Dialog.

Musik als gemeinsame Sprache

Neben Literatur und Film spielt auch die Musik eine große Rolle im Vereinsleben. Ob klassische Konzerte mit Werken von Chopin oder Szymanowski, Jazzabende oder folkloristische Darbietungen – die Musikveranstaltungen der Gesellschaft bieten emotionale Zugänge zur polnischen Kultur und fördern Begegnungen jenseits sprachlicher Barrieren.

Junge Generation im Fokus

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Förderung des polnischen Sprachunterrichts in der Region. In Kooperation mit Schulen setzt sich die Gesellschaft dafür ein, dass Kinder und Jugendliche mit polnischen Wurzeln die Möglichkeit erhalten, ihre Herkunftssprache zu pflegen. Gleichzeitig wird dadurch auch ein Zugang für deutschsprachige Interessierte geschaffen – ein Schritt in Richtung gelebter Mehrsprachigkeit.

Offen für alle – neugierig bleiben erwünscht

Was die Deutsch-Polnische Gesellschaft besonders auszeichnet, ist ihre Offenheit. Jeder ist eingeladen, sich einzubringen, mitzudenken oder einfach nur zuzuhören. Die Themen entstehen oft aus dem Engagement einzelner Mitglieder heraus – was dem Verein eine besondere Dynamik und Bodenständigkeit verleiht.

Ein starkes Stück Europa vor Ort

In einer Welt, in der nationale Grenzen wieder an Bedeutung zu gewinnen scheinen, setzt die Deutsch-Polnische Gesellschaft ein Zeichen für Offenheit, Bildung und Zusammenhalt. Sie beweist, dass gelebte Nachbarschaft keine Floskel ist, sondern aus konkreten Begegnungen, geteilten Geschichten und gemeinsamen Projekten besteht.

Wer also mehr über Polen erfahren oder den Dialog zwischen beiden Ländern mitgestalten möchte, findet in der Gesellschaft nicht nur Informationen – sondern eine engagierte Gemeinschaft, die zeigt, dass Europa auch im Kleinen beginnt.

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